May 31, 2021
Kategorie
Beratung

1. Erfolgsfaktor für eine praktisch wirksame Prozessorientierung: Prozessmanagement-Ziele und -Zukunftsbild definieren

Dr. Kai Krings
Geschäftsführer der intellior GmbH
Erfolgsfaktoren-der-Prozessorientierung-Prozessmanagement-Ziele-Zukunftsbild-definieren

Inhaltsverzeichnis

Lesezeit: 4 Min.

Viele Prozess-Projekte leiden darunter, dass weder die Beteiligten noch der Auftraggeber geteilte Prozessmanagement Ziele haben. Die zentralen Fragen, was durch das Arbeiten an und mit Prozessen besser werden kann und was ihnen Prozessorientierung persönlich und was es dem Unternehmen bringt, können nicht beantwortet werden. Schlimmstenfalls ist auch der Auftrag nicht geklärt und es gibt keinen Auftraggeber oder Sponsor, der auch in schwierigen Situationen nachdrücklich hinter dem Projekt steht.

In die­sem zwei­ten Teil der Blog­se­rie the­ma­ti­sie­ren wir den ers­ten Er­folgs­fak­tor für eine nach­hal­tig wirk­sa­me Pro­zess­ori­en­tie­rung: Pro­zess­ma­nage­ment Ziele und Zu­kunfts­bild.
Im ers­ten Teil der Blog­se­rie gehen wir all­ge­mein auf alle sie­ben Er­folgs­fak­to­ren ein und er­läu­tern Ihnen das vier­stu­fi­ge Rei­fe­grad­mo­dell der Pro­zess­ori­en­tie­rung.

Im Rah­men einer sie­ben­tei­li­gen Bei­trags­se­rie wer­den wir chro­no­lo­gisch alle sie­ben Er­folgs­fak­to­ren für eine nach­hal­tig wirk­sa­me Pro­zess­ori­en­tie­rung im 2-Wo­chen-Zy­klus de­tail­lier­ter the­ma­ti­sie­ren.

Um ein at­trak­ti­ves Zu­kunfts- und Ziel­bild de­fi­nie­ren zu kön­nen, soll­ten fol­gen­de Check­punk­te be­ant­wor­tet bzw. er­füllt sein:

  1. Haben alle Be­tei­lig­te ein ein­heit­li­ches Ziel­bild, was durch das Ar­bei­ten an und mit Pro­zes­sen bes­ser wer­den kann und was ihnen Pro­zess­ori­en­tie­rung per­sön­lich bringt?
  2. Was bringt es den Füh­rungs­kräf­ten, was den Mit­ar­bei­ten­den?
  3. Gibt es einen Auf­trag­ge­ber oder Spon­sor im obers­ten Füh­rungs­kreis?

Die Band­brei­te von Pro­zess-Pro­jek­ten ist sehr groß und reicht von einer „ein­fa­chen“ Pro­zess­auf­nah­me und Ver­bes­se­rung über die Un­ter­stüt­zung oder (Teil-)Au­to­ma­ti­sie­rung von Pro­zes­sen bis hin zur Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung durch die Eta­blie­rung von Pro­zess­ver­ant­wor­tung, die bis hin zu einer strin­gen­ten Wei­ter­ent­wick­lung und Um­set­zung der Un­ter­neh­mens­stra­te­gie über Pro­zes­se füh­ren kann.

Wie im Start­bei­trag ge­schrie­ben, wer­den Pro­zes­se mit dem Ziel­bild eines wirt­schaft­li­chen Kun­den­fo­kus dann le­ben­dig und wirk­sam, wenn die Ver­ant­wort­lich­kei­ten für die Durch­füh­rung von Ak­ti­vi­tä­ten und die Steue­rung der Pro­zesse de­fi­niert und von allen Be­tei­lig­ten ge­lebt wer­den, d.h. ein Ge­stal­ten, Do­ku­men­tie­ren und Ein­füh­ren von Pro­zes­sen ist ein wich­ti­ges Mit­tel – aber meist nicht der ei­gent­li­che Zweck.

Und je wei­ter die Pro­zess­ori­en­tie­rung ent­wi­ckelt ist, desto an­spruchs­vol­le­re Her­aus­for­de­run­gen der In­for­ma­ti­ons­ver­net­zung und Di­gi­ta­li­sie­rung kön­nen Sie pro­zess­ori­en­tiert be­herr­schen. Die vier ty­pi­schen Stu­fen, in denen Sie un­ter­schied­li­che Po­ten­zia­le der Pro­zess­ori­en­tie­rung er­schlie­ßen kön­nen hat­ten wir be­reits auf­ge­zeigt – je nach ak­tu­el­lem Rei­fe­grad und den Zie­len Ihrer Or­ga­ni­sa­ti­on er­ge­ben sich un­ter­schied­li­che Auf­trä­ge und Ziel­bil­der für Ihr Pro­zess-Pro­jekt.

Prozessmanagement Ziele entstehen idealerweise im Strategieprozess – die Normalität sieht meist anders aus

Wie kann nun mit dem Management- und Projektteam ein unternehmensspezifisches Zielbild für Ihr Pro­zess-Pro­jekt oder die Pro­zess­ori­en­tie­rung für Ihr Un­ter­neh­men erarbeitet wer­den?

Idea­ler Weise könn­te das Ziel­bild be­reits im Stra­te­gie­pro­zess ent­ste­hen. Dieser hat sich häu­fig von eher klas­si­schen hin zu agi­len Me­tho­den wei­ter­ent­wi­ckelt. In die­sem Fall wer­den das Nut­zen­ver­spre­chen von Pro­duk­ten und Ser­vices, die an­sprech­ba­ren Kun­den­seg­men­te mit der er­war­te­ten Kun­den­be­zie­hung und den pas­sen­den Ka­nä­len eben­so be­trach­tet wie die er­for­der­li­chen Schlüs­sel­res­sour­cen, we­sent­li­chen Part­ner und alle wich­ti­gen Ak­ti­vi­tä­ten, die zur Um­set­zung er­for­der­lich sind. Gleich­zei­tig wer­den die Ein­nah­me­strö­me und die Kos­ten­struk­tu­ren er­ar­bei­tet und be­wer­tet, um die Ent­wick­lung und Ent­schei­dung neuer Ge­schäf­te oder gan­zer Ge­schäfts­mo­del­le zu un­ter­stüt­zen.

Spä­tes­tens mit dem Start des ope­ra­ti­ven Ge­schäf­tes müs­sen die re­le­van­ten Pro­zes­se ver­füg­bar sein und für eine er­folg­rei­che Um­set­zung von de­fi­nier­ten Ver­ant­wort­li­chen ge­steu­ert, stu­fen­wei­se aus­ge­baut und ver­bes­sert wer­den. Die Trans­pa­renz über die be­nö­tig­ten Pro­zes­se und die Ver­ant­wort­li­chen geht aus einer Pro­zess­land­kar­te her­vor, die das Ge­schäfts­mo­dell vi­sua­li­siert und „er­klärt“ und stu­fen­wei­se um alle wei­te­ren be­nö­tig­ten Pro­zes­se er­wei­tert wird.

Die Nor­ma­li­tät sieht je­doch meist an­ders aus. Ge­ra­de klei­ne und mitt­le­re Un­ter­neh­men haben oft kei­nen ex­pli­zi­ten Stra­te­gie­pro­zess, son­dern bin­den die Ent­wick­lung und das Re­view von Un­ter­neh­mens­zie­len sowie die Ab­lei­tung von Pro­jek­ten und Maß­nah­men prag­ma­tisch in die Jah­res­pla­nung/Bud­ge­tie­rung und deren über­ge­ord­ne­te Steue­rung ein. Dabei haben die Be­tei­lig­ten in aller Regel eine funk­tio­na­le Ver­ant­wor­tung, die meist auch die Per­spek­ti­ve be­stimmt. Im Re­sul­tat kann das zu „blin­den Fle­cken“ für die Po­ten­zia­le einer „end to end“ Pro­zess­be­trach­tung und den not­wen­di­gen Kon­se­quen­zen für die Steue­rung und Ver­ant­wor­tungs­ver­tei­lung für die Pro­zes­se füh­ren.

Wie Sie einen Management-Workshop als Inkubator für ein geteiltes Zielbild für Prozessorientierung nutzen

An die­ser Stel­le un­ter­stützt ein (Ma­nage­ment-)Work­shop, in dem Grund­la­gen der Pro­zess­ori­en­tie­rung er­läu­tert und an der Un­ter­neh­mens­wirk­lich­keit der Teil­neh­mer ge­spie­gelt wer­den. Das Bild „Pro­zes­se schlän­geln sich durch die Auf­bau­or­ga­ni­sa­ti­on“ wird ge­nutzt, um die Zu­sam­men­hän­ge der ei­ge­nen Pro­zes­se und die Kon­se­quen­zen für eine kun­den­fo­kus­sier­te Aus­rich­tung ge­mein­sam zu ent­wi­ckeln.

In dem Bild soll­te auch klar wer­den, auf wel­cher Ebene sich der Pro­zess durch die Auf­bau­or­ga­ni­sa­ti­on „schlän­gelt. Zu­meist wer­den hier Auf­ga­ben, die ge­dank­lich Stel­len bzw. Po­si­tio­nen im Un­ter­neh­men zu­ge­wie­sen sind, zu einem Pro­zess ver­bun­den, der sich dann sym­bo­lisch durch be­tei­lig­te Or­ga­ni­sa­ti­ons­ein­hei­ten zieht. Gleich­zei­tig hat das vor­han­de­ne Pro­zess­ma­nage­ment die tat­säch­lich mo­del­lier­ten Pro­zes­se aber häu­fig so fein un­ter­teilt, dass ein ein­zel­ner Pro­zess tat­säch­lich we­ni­ge Ab­tei­lungs­gren­zen durch­bricht, die sogar meist in einem ge­mein­sa­men Be­reich lie­gen.

Hier greift dann die Auseinandersetzung mit einer Differenzierung von Prozessverantwortung in die operative Verantwortung für einen oder mehrere Prozesse und einen strategischen Prozessverantwortlichen, der die Prozessmanagement Ziele innerhalb des Ende-zu-Ende Prozesses mit Blick auf die geforderten Ergebnisse abstimmt und verbindlich festlegt.

Diese Ende-zu-Ende-Prozesse verbinden Prozesse aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens zu einem von der „Kundenanforderung“ zum „Kunden“ laufenden übergeordneten Prozess. Damit liegen die „functional processes“ in unterschiedlichen Bereichen/Abteilungen des Unternehmens und werden im Rahmen des Prozessmanagements in ähnlich der Aufbauorganisation geführten Strukturen des Prozessmodells auf Prozesslandkarten eingeordnet. Mit den zusätzlichen Rollen der Prozessverantwortlichen entsteht eine Mehrfachzuordnung von Verantwortlichkeiten in der Aufbauorganisation, eine Matrix-Organisation. D.h. eine Führungskraft hat die bisherige Verantwortung (fachlich, disziplinarisch, Budget) für eine Funktion und zusätzlich die operative oder strategische Prozessverantwortung für einen oder mehrere Prozesse (fachlich, Ergebnisse), bei denen er typischerweise bereits heute die überwiegenden Ressourcen verantwortet. Die Auseinandersetzung mit den Rollen einer strategischen und einer operativen Prozessverantwortung umfasst auch zwingend deren Zusammenspiel mit der funktionalen Linienorganisation.  

Prozessorientierung ist damit aber nicht an eine bestimmte Form der Aufbauorganisation gebunden, sondern definiert und entwickelt diese so, dass ein Optimum zwischen Effizienz und Effektivität erreicht wird. Die reine Funktionsorganisation ermöglicht bei sehr klaren und stabilen Anforderungen eine maximale Effizienz. Eine reine Prozessorganisation schafft in einem dynamischen Umfeld und wechselnden Anforderungen Schnelligkeit und die bestmögliche Effektivität, d.h. Kundenzufriedenheit. Spätestens bei mehreren Produktsparten und einem gemeinsamen Lösungsangebot wird aber deutlich, dass eine reine Prozessorganisation der Sparten für den Kunden unbefriedigend wäre, weil er sich eine Bündelung in einem (funktionalen) Vertrieb wünscht. Aber stabile Anforderungen sind heute die Ausnahme und nicht die Regel und der Grad der Prozessorientierung sollte steigen.

Der Einstieg in den Nutzen und die mögliche Darstellungsform des eigenen Geschäftes und der Verantwortlichkeiten in einer Prozesslandkarte sind wichtige Agendapunkte eines  Zielbildworkshops. Wie und von wem /welcher Organisationseinheit das Prozessmanagement bzw. die Prozessorientierung unterstützt werden sollte, ob eher zentral oder eher dezentral können weitere wichtige Aspekte für das jeweilige Projekt sein.

Blick in die Zukunft: Fragen Sie, was sich durch Ihr Prozess-Projekt verändert haben wird

Die Auseinandersetzung, welcher konkrete Nutzen durch Prozessmanagement bzw. Prozessorientierung erreichbar ist, kann mit einer einfachen Frage getriggert und nach einem Brainwriting in einer moderierten Gruppenarbeit konsolidiert werden.  

Stellen sie sich vor wir haben ein Jahr sehr erfolgreich unser Prozess-Projekt umgesetzt und unsere Prozessorientierung so verbessert, wie Sie es sich immer gewünscht haben.
Sie kommen am 2.1.2023 aus dem Weihnachtsurlaub zurück ins Geschäft. Was hören und sehen Sie? Was ist anders? Was hat sich verbessert? – die folgende Grafik zeigt beispielhafte Antworten der Teilnehmer auf diese abgewandelte “Wunder-Frage”.

Nach dieser Session haben Sie ein sehr viel klareres und geteilteres Bild der Erwartungen als zuvor. Im besten Fall führt dies auch zu mehr Spirit und auch Commitment bis hin zu Auftraggeber und Sponsoren. Eingebettet in den aufgezeigten Workshop kann es ein tragfähiges Fundament für ihr Prozess-Projekt sein.

Mit Aeneis können Sie in der Folge auch den Reifegrad ihrer Prozesse mit den formulierten Prozessmanagement Zielen vergleichen und transparent machen.

Suchen Sie Einblicke in einen konsequent prozessorientierten Strategieprozess? Unser Partner Thomas Hardegger und die BusinessPartner AG unterstützen Sie gerne mit ihren umfangreichen Erfahrungen.

Gute Praktiken in unseren Blogs

Zu jedem der sieben Erfolgsfaktoren stelle ich mit Kolleginnen und Kollegen der Intellior AG und aus unserem Partnernetzwerk in einer Reihe von Folgebeiträgen „Gute Praktiken“ vor, die mit der BPM-Plattform Aeneis der intellior unterstützt werden und mit denen Sie eine wirksame Prozessorientierung erreichen können.  

Wir freuen uns über Ihre Kommentare, Diskussionen und Ihre Erfahrungen gerne direkt per E-Mail an die Autoren oder vereinbaren Sie ein Expertengespräch mit unseren Beratern – Jetzt Termin vereinbaren!

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